1985 fing alles eigentlich recht harmlos an. Wir hatten einen Urlaub an der niederländischen Nordseeküste geplant. Birgitt bestand darauf, daß sie dafür einen Drachen bauen wollte. Also wurde der örtliche Buchladen aufgesucht. Und tatsächlich wurden wir dort fündig.
Zu Hause wurden die Bauanleitungen studiert und die Stoffkiste durchwühlt. Ein paar Tage später waren zwei Drachen fertig: ein Delta aus einem Dirndlstoff und eine Lynn-Box aus Regenmantelstoff. Beide wurden natürlich mit einem Holzgestänge versehen. Und was ganz selten ist: Draussen wehte gerade eine frische Brise. So konnten wir gleich auf die Wiese gehen und die Drachen auszuprobieren. Und sie flogen. Damit war der Grundstein für unsere Leidenschaft endgültig gelegt.
Der Delta hat bis zum Urlaub nicht durchgehalten, der Stoff war einfach zu morsch. Aber er bekam gleich ein neues Segel verpaßt, wofür ein Bettlaken herhalten mußte. Schon während des Urlaubs wurden aus Bambusrollos und Müllbeuteln Sleds und Mini-Eddys gebaut. Bei einem Ausflug nach Den Haag statteten wir Vlieger Op ein Besuch ab. Als wir ein Plakat vom Nationalen Vliegerfest in Maarsen sahen, war klar, was am nächsten Wochenende auf dem Programm stand. Der Besuch dieses Drachenfestes zeigte uns, daß es noch jede Menge neue Dinge (sprich Drachen) zu entdecken gab.
Noch in diesem Sommer wurde ein Peter Powell Stunter gekauft, einer der wenigen Lenkdrachen, die zu jener Zeit auf dem Markt waren. Auf der Heimfahrt besorgten wir uns noch in einem Drachenladen zwei Meter Spinnakernylon und Glasfaserstäbe. Mit diesem Material entstanden zu Hause zwei weitere Stunter. Am Schluss bestand unsere Stunter-Kette aus neun Drachen. Wo immer wir mit diesen Drachen auftauchten, konnten wir uns sicher sein, schnell ein paar Zuschauer zu haben.
Die nächsten Schritte
In der Folgezeit probierten wir immer wieder neue Drachen aus: Conyne und Doppel-Conyne aus Baumwolle, Eddy „Betttuch“, Kastendrachen aus Tyvek. Schließlich entstand unser erster größerer Einleiner aus Spinnaker, ein Cody.
Und dann hatten wir auf dem Drachenfest in Scheveningen die Gelegenheit, einen der ersten Hawaiian zu vermessen. Zu Hause angekommen, wurden gleich Schablonen erstellt. Dabei stellte sich heraus, das wir einige wichtige Masse vergessen hatten. Und so entstand ein Lenkdrachen, der zwar Ähnlichkeiten zum Grundmuster aufwies, aber leider nicht die gewünschten Flugeigenschaften bot. Das spornte nur unseren Ehrgeiz an: Nach etlichen Modifikationen und Versuchen konnten wir dann zufrieden sein. Schon kurz darauf war ein zweiter fertiggestellt.
Ein paar Jahre später ließ die Begeisterung für unser Hobby etwas nach. Neue Beschäftigungsfelder forderten ihren Tribut. Aber ganz aufgegeben haben wir es in dieser Zeit jedenfalls nicht.
Die Lenkdrachen-Phase
Als wir dann das Buch „Stuntvliegers“ von Servas van der Horst und Nop Velthuizen in die Hand bekamen, war es wieder soweit: Unsere große Lenkdrachenphase begann. Beinahe alle Modelle aus diesem Buch haben wir gebaut und geflogen. Weitere Modelle aus anderen Büchern kamen dazu. Der Bau von Einleinern trat vollkommen in den Hintergrund. Fast jede freie Minute standen wir auf der Wiese und flogen unsere Lenkdrachen. Hinzu kamen einzelne eigene Entwürfe.
Wir besuchten so die ersten Drachenfeste. Und hier erkannten wir, dass wir unbedingt auch wieder Einleiner bauen mußten. Und so wurde ein erster Rokkaku im Patchwork-Design gebaut. Auf dem Fest in München-Riem absolvierte er seinen Jungfernflug. Der Neuanfang war gemacht, aber die Folgen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar.
Die Einleiner-Phase
Der Urlaub, den wir zwei Wochen später antraten, wurde zum reinen Drachen-Urlaub. Wir reisten von Drachenfest zu Drachenfest: Schöneberger Strand, Römö und Hohwacht. Zu Hause wieder angekommen, wurden schnell neue Projekte verwirklicht. Wir hatten nämlich festgestellt, daß wir auch für andere Windbereiche unbedingt Drachen haben mußten. Mit der Zeit wurden die Designs immer aufwendiger. Hochwertige Applikationen wurden zu einer Art Markenzeichen unserer Drachen.
Und dann gab es ja auch noch die Uhl und den Belzebub. Aber das ist eine eigene Geschichte…
Wieviele Drachen wir bis heute gebaut haben, läßt sich nicht mehr genau nachvollziehen. Doch daß es weit über 1000 sind (kleine und große), steht ausser Frage. In der Zwischenzeit haben wir auch vier Ausstellungen mit Erfolg durchgeführt. Wir waren sowohl 1998 als auch 2000 zur Internationalen Freiluft-Kunstausstellung „Seh am See“ eingeladen, die vom Kunstverein Karlsfeld bei München veranstaltet wurde.